Chromfeuerwerk auf Amelia Island

| 07.03.2025


Am 6. und 7. März sollen sie anlässlich einer Versteigerung im Omni Amelia Island Resort an der Ostküste der Vereinigten Staaten unter den Hammer kommen. Während sich alljährlich im Sommer Autofans bei der Monterey Car Week am Pazifik zu Auto-Shows, Versteigerungen und Paraden edler Oldtimer versammeln, lockt sie seit nunmehr 30 Jahren im Frühling die Amelia Car Week an die Atlantikküste im Norden Floridas.

Name: aum_photo_20250227_2473551.jpg Größe: 2582x1624 Dateigröße: 576012 Bytes
Ferrari 375 MM Berlinetta, Baujahr 1955.

Die nur durch einen schmalen Kanal vom Festland getrennte Insel wechselte im Laufe der Jahrhunderte als Kolonie mehrfach den Besitzer und galt im 17. und 18. Jahrhundert als berüchtigtes Seeräubernest. Angeblich schlummert heute immer noch in Strandnähe ein vergrabener Piratenschatz vor sich hin. Doch Gold und Edelsteine sind es weniger, die wohlhabende Autoenthusiasten am zweiten März-Wochenende dorthin locken. Ihr Augenmerk richtet sich vielmehr auf insgesamt 186 Old- und Youngtimer, die Gooding & Company unter die Leute bringen will. Darunter befinden sich 25 Exemplare, von denen sich das Unternehmen jeweils mindestens siebenstellige Verkaufserlöse verspricht, mindestens zwei davon könnten für acht Ziffern vor dem Komma gut sein.

Name: aum_photo_20250227_247356.jpg Größe: 2984x1405 Dateigröße: 1488593 Bytes
Ruf CTR „Yelowbird“, Baujahr 1989.

Als Spitzenreiter dürfte ein Ferrari 375 MM Berlinetta aus dem Baujahr 1955 abschneiden. Als straßentauglicher Rennsportwagen spielt dieses Auto mit seiner Leistung von 340 PS (250 kW) und maßgeschneiderter Karosserie in einer eigenen Liga. Auf seinem Chassis 0472 AM steht eine für wichtige Kunden eigens zurecht geschneiderte Pinin Farina Berlinetta - in diesem Fall für Alfred Ducato, damals Vizepräsident der United California Bank in San Francisco, Kalifornien, und ein begeisterter Ferrari–Sammler. Ducato pflegte eine persönliche Freundschaft mit Enzo Ferrari und notierte in seiner Bestellung eine detaillierte Liste von Sonderwünschen bezüglich Farbe und Innenausstattung. Stolz präsentierte Ducato sein neues Auto beim siebten Pebble Beach Concours D'Elegance im Jahr 1956, wo es für europäische Sportwagen über 10.000 US -Dollar als erstes seiner Klasse ausgezeichnet wurde.

Name: aum_photo_20250227_247357.jpg Größe: 2582x1624 Dateigröße: 238442 Bytes
Avions Voisin C25 Aérodyne, Baujahr 1935.

Angetrieben von einem 4,5-Liter-V12-Motor war dieser 375 MM einer der modernsten Sportwagen seiner Zeit. Er hatte nur drei Besitzer und befand sich seit 1969 im Besitz des US-amerikanischen Sammlers Fred Leydorf. Das Auto wurde Anfang der 2000er Jahre restauriert und verfügt über eine umfangreiche Dokumentation. Gooding & Company rechnet mit einem Erlös von über zehn Millionen Dollar (ca. 9,5 Millionen Euro).

Nicht so ganz in diese Höhen dürfte ein Ruf CTR „Yelowbird“ von 1989 vorstoßen. Trotzdem rechnen die Auktionatoren immerhin bei ihm immerhin, dass er mindestens sechs Millionen Dollar in die Kasse spült, wobei sie sich im Unterschied zu allen anderen Autos dabei zurückhalten, eine geschätzte Obergrenze zu nennen. Der kanarienvogelgelbe Wagen war zu Beginn der 1980er Jahre eines der schnellsten und exklusivsten Autos seiner Zeit: Nur 29 Exemplare hatte Ruf von ihm damals gebaut und lediglich sechs gelb lackiert. Mit einer Leistung von 470 PS (345 kW) schaffte der Sportler laut Tests des Magazins „Auto, Motor und Sport“ im Jahr 1987 locker 342 km/h Spitze und brauchte „4,1 Sekunden für die Beschleunigung von null auf 100 km/h und 11,4 Sekunden bis 200 km/h“. Dass der auf Amelia Island angebotene Wagen in den 36 vergangenen Jahren nur zwei Vorbesitzer hatte und auf dem Kilometerzähler lediglich die Zahl von 1673 aufweist, macht aus ihm so gut wie einen Neuwagen. In Deutschland kostete er einst 328.000 Mark, für damalige Zeiten ein astronomischer Preis, von heute aus betrachtet ergibt sich ein exorbitant hoher Wertzuwachs.

Name: aum_photo_20250227_247358.jpg Größe: 2582x1624 Dateigröße: 1026511 Bytes
Zwei Mercedes 300 SL, Baujahr 1955.

Doch auch andere Exoten zu Traumpreisen verdienen auf Amelia Island Beachtung. So zum Beispiel ein 1935er Avions Voisin C25 Aérodyne, der zu einem Schätzpreis von zwei bis 2,5 Millionen Dollar unter den Hammer kommt. Die Aktiengesellschaft Aéroplanes G. Voisin produzierte vor dem Zweiten Weltkrieg so ziemlich das Beste und Modernste, was es damals auf vier Rädern aus französischer Fertigung zu kaufen gab: Leichtbau, Aerodynamik, modernste Technik, üppige Ausstattung und Luxus ohne Ende.

1905 war das Unternehmen zur Herstellung von Flugzeugen gegründet worden, zwei Jahre nachdem den Gebrüdern Wilbur und Orville Wright im US-Bundesstat North Carolina ein zwölf Sekunden langer und ein Meter hoher gesteuerter Flug mit einem motorisiertem Apparat gelungen war. Kein Wunder, dass bei Voisin das erste europäische Flugzeug entstand, zuerst ein Gleitflieger, der aber alsbald motorisiert wurde. Die Firma wurde europaweit bekannt, als es im Januar 1908 Henri Farman gelang, mit seiner Maschine den mit 50.000 Franc dotierten Grand Prix d’Aviation für einen Flug über den geschlossenen Kilometer zu gewinnen. Nach dem ersten Weltkrieg wandte sich das Unternehmen vom Flugzeugbau ab und arbeitete mit dem befreundeten Automobilkonstrukteur André Citroën zusammen, um ein von Citroën-Ingenieuren entwickeltes Luxusauto zu bauen.

Name: aum_photo_20250227_247359.jpg Größe: 2582x1624 Dateigröße: 690378 Bytes
Mercedes-Benz AMG 300 CE 6.0 „Hammer“, Baujahr 1988 (links) und Baujahr 1989.

Der C25 Aérodyne hatte Mitte der 1930er Jahre für Avions Voisin etwa die gleiche Bedeutung wie der wenige Jahre zuvor erschienene Royale für Bugatti: seiner Zeit meilenweit voraus, konkurrenzlos komfortabel, technisch raffiniert und üppig ausgestattet. Nur acht Exemplare wurden produziert, drei davon haben bis heute überlebt.

Von den üblichen Verdächtigen mit Millionenwerten aus Maranello sind diesmal nur vier Ferrari bei Gooding & Company auf Amelia Island vertreten – ebenso viele wie von Mercedes, zwei 1955er 300 SL (ein Roadster und ein Flügeltürer) sowie zwei Mercedes-Benz AMG 300 CE 6.0 „Hammer“ aus den Baujahren 1988 und 1989. Darüber hinaus vertreten noch sechs Porsche die Fahnen der Schwabenmetropole Stuttgart.

Name: aum_photo_20250227_247360.jpg Größe: 1920x1279 Dateigröße: 1075201 Bytes
Amelia Island Concours 2023.

Soweit die potenziellen Million-Seller. Doch auch für besserverdienende Durchschnittskontobesitzer hält die Amelia-Auktion das eine oder andere interessante Exemplar bereit. Zum Beispiel ein 115 Jahre alter Ford Model T Touring zu einem Schätzpreis zwischen 30.000 und 40.000 Dollar, ein Fiat 600 Berlina Elaborata di Viotti, Baujahr 1959, der zwischen 25.000 und 35.000 Dollar kosten soll, oder ein VW Käfer Cabrio, für den ein stolzer Preis veranschlagt ist, der zwischen 60.000 und 80.000 Dollar liegt.

Und wem das noch zu teuer ist, der findet bei einem Besuch auf Amelia Island im Frühling neben einer Vielzahl begeisternder Autos einen idealen Platz für Erholung in mildem Klima, viel Natur, ein reichhaltiges Kulturangebot und Unterkünfte für fast jedes Portemonnaie. (aum)Von Hans-Robert Richarz; Photo: Gooding & Company via Autoren-Union Mobilität






Messe + Event News von route66