Fassungslosigkeit nach tödlichem "Car-Freitag"
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Vermutlich bei illegalem Autorennen in Bielefeld starb eine 25-jährige Gütersloherin / Neun Menschen zum Teil schwer verletzt - Mit Fotos zum Thema VON KURT EHMKE UND ANDREAS ZOBE (FOTOS) Bielefeld. Autorennen mit tödlichem Ausgang: Als sich am Freitag die Fahrer eines Opel Corsas und eines BMW-Cabrios auf der Herforder Straße in Bielefeld vermutlich ein Rennen liefern, rast der Corsa in eine Gruppe zuschauender Jugendlicher. Zehn Menschen werden schwer verletzt in Krankenhäuser gebracht, eine Frau, die 25-jährige Altenpflegerin Jessica S. aus Gütersloh, stirbt. Rennen dieser Art finden jeden Freitag auf der Herforder Straße statt – der Karfreitag gilt in der Szene als Saisonstart – "Car-Freitag". Eine Chronik. Dämmerung: Die ersten Jugendlichen stehen an den Tankstellen entlang der Herforder Straße, klönen über Autos, trinken was, schauen zur Rennstrecke. 21 Uhr: Vereinzelt röhren tiefer gelegte Wagen die Herforder herunter, mal alleine, mal zu zweit. Polizist Thomas-Oliver Kniephoff: "Am Obi-Parkplatz ist einiges los, die Renntätigkeit ist aber gering." Abends: Die Polizei kontrolliert bekannte Treffpunkte wie den Obi-Parkplatz, Pylonen verhindern auf der Herforder Straße, dass stadtauswärts fahrende Jugendliche hier umdrehen und die nächste Runde einleiten – oder zur Aral-Tankstelle fahren. Vor dieser wird ein Halteverbot eingerichtet, die T-Tankstelle weiter stadteinwärts ist teilweise mit Flatterband gesperrt. 22.15 Uhr: Ein grell orangefarbener Corsa fährt stadteinwärts, wendet an der Ziegelstraße. 22.15 Uhr: Polizist Kniephoff verteilt mit zwei Kollegen an der Aral-Tankstelle Platzverweise. 22.16 Uhr: Der Corsa aus Gütersloh und der BMW aus Bielefeld geben Gas – der Corsa fährt links, der BMW rechts. Vor jedem taucht ein normaler Verkehrsteilnehmer auf, der Corsa fährt dicht auf, zieht nach rechts rüber, eine hier fahrende, unbeteiligte Frau bremst, kracht auf den Fußweg. Das heranrauschende BMW-Cabrio rammt den Corsa. Dessen Fahrer (21, aus Versmold) verliert die Kontrolle, der Wagen rast gegen den Bordstein, hebt ab, schleudert ungebremst in die Menge. Der BMW-Fahrer (19, aus Bielefeld; drei weitere Insassen) flüchtet. 22.15 Uhr: Polizist Kniephoff hört das Krachen, rennt zum Auto, rast zum Unfallort, sperrt ab. Ihm bietet sich "ein Bild des Grauens". Mehrere Menschen sind durch die Luft geschleudert worden, einige von den Spitzen des Stahlzauns des angrenzenden "Bielefelder Automobil Zentrums" aufgerissen worden. Der Corsa-Fahrer, Ralf* aus Versmold, ist leicht verletzt. 22.16 Uhr: Stefan* kommt in seinem Wagen am Unfallort vorbei, er trifft sich hier gerne mit Freunden. Der DRK-Sanitäter leistet Erste Hilfe – "sowas habe ich noch nie gesehen, furchtbar, die junge Frau wird es nicht schaffen." Er sagt: "Es war immer klar, dass sowas irgendwann passiert." Auch andere Auto-Freaks leisten Erste Hilfe. Erst spät kommt der Hinweis auf den flüchtigen BMW-Fahrer. 22.21 Uhr: Rettungswagen sind da, Sanitäter des DRK feierten in der Nähe ein Grillfest, entsprechend schnell und in großer Anzahl sind sie am Unfallort. Überall wird geholfen, blutende Menschen schreien vor Schmerz. Zeugen werden vernommen, erst spät der Hinweis auf den flüchtigen BMW-Fahrer. Kniephoff: "So ein Mist, da versuchen wir zu machen und zu machen, und dann passiert auf der anderen Straßenseite sowas – ich bin erschüttert." Zehn Menschen sind schwer verletzt, darunter vier Frauen. 22.50 Uhr: Ein Augenzeuge sagt: "Erst dachte ich, dass da Autoteile liegen, dann habe ich gesehen, dass es Menschen sind." 23.20 Uhr: Zwei BMW donnern stadteinwärts – das nächste Rennen. Gaffer an der Unfallstelle brüllen: "Idioten." 23.50 Uhr: Über Funk erfährt Einsatzleiter Andreas Krummrey, dass die Fahndung erfolgreich war – "wir haben den Fahrer kassiert, den Wagen sichergestellt". 0.20 Uhr: Carsten* und seine Kumpels stehen gegenüber der Unfallstelle, auf die Polizei sind sie nicht gut zu sprechen. "Überall jagen die uns weg, fast alle von uns wollen gar keine Rennen fahren, wir stehen nur rum, quatschen, zeigen uns unsere Autos." Doch immer wieder gebe es Platzverweise, würden sie mit ihren Autos auf die Straßen getrieben. "Hätten wir einen großen Parkplatz, würde es weniger Rennen geben." Er versteht nicht, was "so schlimm daran ist, sich für gut aussehende Autos zu begeistern". Michael* sagt: "Das sind nur ein paar Idioten, die so in der Stadt rasen – wenn wir heizen wollen, gehen wir auf die Autobahn." 0.25 Uhr: Experten suchen Reifenspuren, finden 20 Meter vor dem Unfallort eine fünf Meter lange, tiefschwarze Bremsspur. Im Scheinwerferlicht liegen die Schuhe eines Opfers – einer drei Meter vom Corsa entfernt, einer sechs. Dazwischen eine Blutlache. (* Name geändert) Quelle: www.nw-news.de Datum: 29.03.2005 |
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