"Car-Freitag" in Osnabrück: Quietschende Reifen statt Osterfriede


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  • | 11.01.2004 15:53

Der Karfreitag passt eigentlich gut zum Image von Osnabrück. Die Botschaften zur Gewaltfreiheit aus den Kirchen gehen einher mit dem Willen der Stadtväter, Osnabrück als Friedensstadt zu profilieren. Doch was an dem Feiertag vor Ostern seit Jahren auf Osnabrücks Pagenstecherstraße abläuft, hat mit Frieden wenig zu tun: Straßensperren, Polizei-Aufgebote, illegale Autorennen und durchdrehende Reifen. Deutschlands Autotuning-Szene hat den "Car-Freitag" in Osnabrück zum Happening für den Start in die Sommersaison erkoren.
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Im vergangenen Jahr hatten 4000 Menschen die Polizei auf Trab gehalten. Die Ordnungshüter wussten sich nicht anders zu helfen, als die Straße für den Verkehr abzuriegeln. Die schlimmsten Rabauken erhielten Platzverweise. Auch in diesem Jahr erwartet Martin Roevermann von der Osnabrücker Polizei wieder tausende Autonarren. Ein Chaos wie 2002 will er mit Hilfe seiner Kollegen vermeiden.
Osnabrück klingt für Besitzer getunter PS-Giganten wie Wimbledon für Tennisspieler. Die Pagenstecherstraße steht an der Spitze einer Reihe berüchtigter Raser-Meilen wie der Herforder Straße in Bielefeld oder der Hanauer Landstraße in Frankfurt/Main. Vergangene Woche raste in Bochum ein Auto nach einem Rennen in eine Bushaltestelle. Sechs Menschen wurden verletzt. In Köln starb im März 2001 der Sohn von Oberbürgermeister Fritz Schramma. Ein Raser war bei einem Wettstreit in eine Fußgängergruppe geschleudert. Die Liste schwerer Unfälle bei solchen Mutproben, die auch im Osten Deutschlands boomen, ist lang.
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Der 26-jährige Klaus ist Dauergast auf der Pagenstecherstraße. Sie führt vom Stadtzentrum zur Autobahn. Fast-Food-Restaurants, Supermärkte und Autohäuser mit vielen Parkplätzen säumen die vierspurige Fahrbahn. Klaus kommt jeden Freitag hierhin, unterhält sich mit Leuten über Autos. "Benzingespräche", nennt er sein Hobby. Er teilt es an jedem halbwegs trockenen Freitagabend nicht nur mit rund 200 Gleichgesinnten, sondern auch mit Freundin Sabrina (20).
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Beide haben sich an der Pagenstecherstraße kennen gelernt, beide fahren einen BMW der 3-er Reihe. Auf die Frage, was denn ihre Autos aus der Masse heraushebe, huscht ein Lächeln über das Gesicht von Klaus. Alles zu nennen, was er an seinem Schmuckstück verändert hat, koste zu viel Zeit. Eine Hi-Fi-Anlage für alleine 9000 Euro, das Fahrwerk sechs Zentimeter tiefer gelegt, ein DVD-Player im Cockpit, natürlich Alu-Felgen mit 255er Breitreifen, zählt er auf und beschränkt sich damit auf das Wichtigste. "Das ist alles vom TÜV genehmigt", fügt Klaus hinzu.
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Bei der Generalprobe für den "Car"-Freitag eine Woche zuvor nahm die Polizei 13 Gefährte wegen illegaler Veränderungen außer Betrieb. Klaus und seine Kollegen wie Niels (26) oder Helge (24) haben dafür kein Verständnis. "Wer etwas illegal einbaut und sich hier blicken lässt, ist selber schuld", sagt Automechaniker Niels.
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In seinem 14 Jahre alten 3-er BMW sorgt eine Maschine aus der 5-er Reihe für den nötigen Zug, wenn es zum Duell mit Klaus und seinem Neuwagen geht. Wo die beiden ihre persönlichen PS-Gefechte austragen, wollen sie nicht verraten. "Eine Ausfallstraße, zweispurig und ohne Tempolimit. Nach 700 Metern und bei 170 km/h ist Schluss", sagt Klaus. Im Internet präsentiert er stolz den Tacho seines Wagens. Die Nadel zeigt 250 Sachen und der Drehzahlmesser steht im roten Bereich.
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Duelle wie das zwischen Niels und Klaus hat es bis vor etwa acht Jahren regelmäßig auf der Pagenstecherstraße gegeben - vor johlenden Zuschauern. Die Stadt Osnabrück hat dem inzwischen einen Riegel vorgeschoben. Ausklappbare Schranken verhindern, dass zwei Autos nebeneinander passen. Die Polizei ist jeden Freitag da, sie kontrolliert nach Kräften.


Quelle:
dpa/Neue OZ online
Datum:
15.04.2003

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