Pagenstecherstraße: Verwaltungsgericht pfeift Stadt zurück


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  • | 11.01.2004 15:53

Mit ihren rigiden Schritten gegen die Tuning-Szene von der Pagenstecherstraße ist die Stadt zu weit gegangen. Vom Verwaltungsgericht wurde sie jetzt dafür zurückgepfiffen. Nach Auffassung der Richter sind Aufenthaltsverbote nur zulässig, wenn die Adressaten nachweislich gegen Recht und Gesetz verstoßen haben.

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Um illegale Straßenrennen zu unterbinden, hatte die Stadt in den vergangenen Wochen über 400 Fahrer und Beifahrer tiefer gelegter Autos zu unerwünschten Personen erklärt. Wer bei den großflächigen Polizeikontrollen verdächtig schien, bekam zunächst einen Platzverweis für den jeweiligen Abend. Einige Tage später folgte das Aufenthaltsverbot, das den Adressaten für die Dauer von sechs Monaten untersagt, sich Freitagnachts an der Pagenstecherstraße oder an der Hannoverschen Straße aufzuhalten. Nach Auskunft von Presseamtsleiter Dr. Sven Jürgensen haben 77 Betroffene Widerspruch gegen die Anordnung des Fchbereichs Bürger und Ordnung eingelegt. Acht Verfahren sind zurzeit beim Verwaltungsgericht anhängig, das erste wurde jetzt entschieden.
Der Kläger war eine Woche nach dem berüchtigten „Car-Freitag“ auf dem Beifahrersitz eines BMW in eine Polizeikontrolle an der Gluckstraße geraten. Der Wagen erschien den Beamten verdächtig, weil er tiefer gelegt war und breitere Reifen hatte. Da half es nichts, dass seine Insassen beteuerten, sie seien nach einem Krankenbesuch im Klinikum unterwegs zum Wohnsitz des Fahrers. Ihnen wurde unterstellt, sie wollten zur Pagenstecherstraße. Der Platzverweis und das Aufenthaltsverbot waren die Folge.
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Zu Unrecht, wie das Verwaltungsgericht in seinem gestern veröffentlichten Urteil feststellte. Ein derart tiefgehender Eingriff in die Rechte des Bürgers komme nur in Betracht, „wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene eine Straftat begehen“ werde, heißt es in der Pressemiteilung des Verwaltungsgerichts. Das setze aber eine Prognose voraus, die sich auf gesicherte Tatsachen stütze.
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Im Fall des Klägers gebe es keinen tragfähigen Anhaltspunkt, der auf eine bevorstehende Straftat hinweise. Der Umstand, dass es sich bei um ein „szenetypisches Fahrzeug“ gehandelt habe, reiche nicht aus. Allein das Aufsuchen „szenetypischer“ Örtlichkeiten zu „szenetypischen“ Zeiten sei keine Straftat, sondern vielmehr eine „grundrechtlich geschützte Betätigung“.
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Auch aus präventiven Gründen dürfe die Stadt ein Treffen von Autofans nicht im Vorfeld der Ereignisse untersagen. Denn die Gefahr, dass durch Rennen, Beschleunigungsfahrten und sogenannten Burn-Outs andere Menschen zu Schaden kommen, rechtfertige es nicht, die Freiheitsrechte des Klägers einzuschränken. Klipp und klar widersprechen die Richter der Stadt, die geltend gemacht hatte, bei den „happeningartigen Auswüchsen“ an der Pagenstecherstraße seien Straftaten von einzelnen Teilnehmern zu erwarten. Dies allein rechtfertige es nicht, die subjektiven Rechte der Bürger derart erheblich einzuschränken.
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Die Stadt hat zwei Wochen Zeit, gegen das Urteil Beschwerde einzulegen. Heute wollen die Mitarbeiter der betroffenen Dienststellen die Angelegenheit beraten. Pressesprecher Jürgensen erklärte, die Stadt werde weiterhin alle rechtlich zulässigen Mittel nutzen, um illegale Rennen zu unterbinden.



Quelle:
Neue Osnabrücker Zeitung
Datum:
03.05.2002

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